Wo habe ich Natalie Jane zum ersten Mal gehört? Natürlich auf TikTok, genau wie die meisten Fans und Zuhörer. Ihre Stimme hat mich sofort gefangen. Schon damals hoffte ich, dass sie nicht nur ein kurzes TikTok-Phänomen bleiben würde und man irgendwann mehr von ihr hören würde als nur die Videos aus der Garage. Etwa zwei Jahre später durfte ich Natalie Jane dann live im Luxor erleben. Dort war ich überrascht, wie viel besser ihre Stimme live war als auf den bereits beeindruckenden TikTok-Clips. Es folgte ein noch größeres Konzert im Carlswerk Viktoria in Köln. Nach diesen Live-Erlebnissen wünschte ich mir sehnlichst ein komplettes Album. Jetzt endlich ist es soweit.

Das Debütalbum „the world i didn’t want“ liefert die erhoffte Bestätigung. Die Singer-Songwriterin beweist mit diesem Werk, dass ihre Stimme und ihr Talent weit über den Bildschirm hinausreichen und auf der Bühne ihre volle Wucht entfalten. Natalie Jane The World ist ein schonungslos ehrlicher Soundtrack über die turbulenten Phasen des Erwachsenwerdens. Er vereint kompromisslosen Pop mit tief introspektiven Texten.
Ein Wechselspiel aus Wucht und Verletzlichkeit
Die Musik auf „the world i didn’t want“ zeichnet sich durch ihre rohe, direkte Ausdrucksweise aus. Ihre Stimme – kraftvoll, facettenreich und in manchen Momenten fast zerbrechlich – erinnert an die Intensität einer Adele, während ihre Texte mit der Direktheit einer Olivia Rodrigo berühren. Das Album bewegt sich gekonnt zwischen hymnischen Popmomenten und intimen Balladen. Obwohl ich mir stellenweise weniger elektronische Akzente wünschen würde, ist dieser moderne Sound gleichzeitig ein prägendes und charakteristisches Element ihrer Musik.
Eine Palette voller Emotionen
Die Songs auf Natalie Jane The World bieten eine breite Palette an Emotionen und musikalischen Texturen. Die Fokussingle „any1 but myself“ fungiert als perfekter Anker: Sie kombiniert eingängige Pop-Rhythmen mit dem zentralen Thema des Albums – der Konfrontation mit den eigenen Unsicherheiten. Im Gegensatz dazu steht „4ever“ mit einer kürzeren, prägnanten Laufzeit, die eine fast fieberhafte Energie vermittelt. Mit „r u gonna love me?“ und „finding u“ taucht Natalie Jane tief in die Komplexität romantischer Beziehungen ein. Der Hörer spürt die Zerbrechlichkeit und die Hoffnung, die in diesen Momenten mitschwingen. Tracks wie „fallin“ und „butterflies“ erforschen die euphorisierenden und zugleich verwirrenden Phasen der Verliebtheit, wobei ihre Stimme hier besonders vielschichtig glänzt. Gegen Ende des Albums wird der Ton rauer. „gone“ und „everything 2 nothing“ thematisieren Verlust und die schmerzhafte Auflösung von Bindungen. Das kurze, intensive „breaking me“ ist ein emotionaler Tiefschlag, der die rohe Stimmgewalt der Sängerin in den Vordergrund rückt. Abschließend bieten „how u been?“, „never gonna c u again“ und das kraftvolle „girls will b girls“ eine Katharsis. Insbesondere „girls will b girls“ setzt ein deutliches Statement zur weiblichen Solidarität und Stärke. Das gesamte Album zelebriert damit das emotionale Auf und Ab des jungen Erwachsenenalters.
„the world i didn’t want“ – Ehrliche Abrechnung mit Erwartungen
Der Albumtitel fasst das zentrale Gefühl präzise zusammen. Es ist die Auseinandersetzung mit einer Welt, die anders ist, als man sie sich gewünscht hat. In dieser Ehrlichkeit liegt die Stärke des Albums. Natalie Jane konfrontiert die Widersprüche und den immensen Druck ihrer Generation mit offener Verletzlichkeit. Sie hat nicht nur ein starkes Debüt geschaffen, sondern sich als authentische Stimme einer Generation etabliert, die endlich laut ausspricht, was viele nur denken.









