Was bleibt, wenn Freundschaften sich verändern und vertraute Gesichter plötzlich verschwinden? Was passiert, wenn man älter wird – oder es zumindest zum ersten Mal bewusst bemerkt? Und wie fühlt es sich an, wenn man das Steuer wieder selbst in die Hand nimmt, nach Monaten im Standby-Modus?
Diese Fragen ziehen sich wie ein roter Faden durch „Dreiundzwanzig“, Dillas erste neue Veröffentlichung seit fast anderthalb Jahren. Nach ihrer letzten EP „Also was jetzt?“ war es still um die Musikerin geworden, die mit dem gefeierten Debütalbum „Also bin ich“ einen bleibenden Eindruck in der deutschen Poplandschaft hinterlassen hatte. In Zeiten, in denen der Musikmarkt in rasantem Tempo neue Inhalte fordert, ist eine kreative Pause von 18 Monaten fast schon ein Wagnis. Aber Dilla beweist, dass manchmal genau diese Pause nötig ist, um neue Klarheit und Tiefe zu finden.
Die sechs Songs auf „Dreiundzwanzig“ – geschrieben in ihrem gleichnamigen Lebensjahr – sind eine Zwischenbilanz zwischen Rückblick, Aufbruch und vorsichtiger Zukunftshoffnung. Der Opener „Mein schönstes Kleid“ erzählt von der Schönheit, die in kleinen Gesten steckt. Zwischen grooviger Wärme und zarter Intimität beschreibt Dilla das Gefühl, sich für jemanden schön machen zu wollen – nicht aus Unsicherheit, sondern aus echter Verbundenheit.
„Autopilot“, die zweite Single, ist ihr bislang persönlichster Song. Entstanden nach einer Phase, die sie selbst als „Standby-Modus“ beschreibt, markiert er den Moment, in dem sie zurück ins eigene Leben steuert. Die Generation, der sie eine Stimme gibt, fühlt oft viel, weiß aber nicht immer, wohin mit diesen Gefühlen – genau hier entfaltet der Song seine emotionale Wucht.
Auch das Älterwerden wird von Dilla enttabuisiert. Für sie ist es kein Verlust, sondern ein Privileg – verpackt in einem Song, der wie ein sanfter Sonnenstrahl an einem verkaterten Sonntagmorgen klingt: warm, ehrlich, leicht wehmütig.
In „Freiheit“ verarbeitet sie das Ende einer langjährigen Beziehung – nicht ihre eigene, sondern eine, die sie als Beobachterin begleitet hat. „Schwere Worte“ wiederum widmet sich einer anderen Form der Trennung: dem Auseinandergehen enger Freundschaften. Die Melancholie bleibt, doch Wut findet darin keinen Platz. „Wie es war“, produziert von Dennis Neuer, schließt den Kreis mit einem bittersüßen Blick auf eine vergangene Leichtigkeit.
Die Produktion der EP entstand in enger Zusammenarbeit mit Cornelius Kuron in einer kleinen Stadt bei Bielefeld. Viele Songskizzen brachte Dilla bereits mit – gemeinsam wurde der passende Klangrahmen gesucht und gefunden. Diese Sessions halfen nicht nur dabei, die Musik zu formen, sondern auch das vergangene Jahr zu verarbeiten.

„Dreiundzwanzig“ ist damit weit mehr als nur eine Sammlung von Songs – es ist das klingende Tagebuch eines Lebensabschnitts. Dilla zeigt erneut, warum sie längst nicht mehr nur als Newcomerin gilt: Ihre Musik ist selbstbewusst, sensibel und unmittelbar. Sie fängt das Lebensgefühl einer Generation ein, die zwischen Reizüberflutung und Selbstfindung balanciert – und sie tut es mit einer unverwechselbaren Stimme.
Mit Headliner-Touren, TV-Auftritten, Support-Shows für Kraftklub und Features mit Herbert Grönemeyer hat Dilla sich ihren festen Platz im deutschsprachigen Pop erarbeitet. „Dreiundzwanzig“, das am 8. August erscheint, beweist einmal mehr: Dilla ist gekommen, um zu bleiben.