Die letzten drei Konzerte der Mathematics Tour in Düsseldorf (Review-Link, Fotos-Link) liegen noch frisch in den Knochen. Die Energie, die Lichter, die Menge, die jeden Beat mitsang – und mittendrin Ed, der uns zeigte, warum er nach 20 Jahren immer noch relevant ist. Und dann kam Play, sein neues Album, direkt danach, fast wie ein musikalischer Nachklang dieser magischen Abende.

Schon beim ersten Hören merkt man: Ed kehrt zurück zu seinen Wurzeln, aber auf eine reifere, reflektiertere Art. Play ist ein Kaleidoskop aus Stilen, das die genreübergreifende Experimentierfreude von ÷ wiederaufleben lässt. Tracks wie „Azizam“ und „Sapphire“ bringen persische und Punjabi-Einflüsse in moderne Poparrangements. Besonders „Sapphire“, mit Produzent Ilya und Arijit Singh, ist sofort tanzbar, ein Song, der sofort ins Ohr geht und trotzdem unverkennbar nach Ed Sheeran klingt.
Den Einstieg übernimmt „Opening“, eine introspektive Akustikballade mit Rap-Elementen, die stark an seine frühen Werke erinnert. Sheeran öffnet hier die Tür zu seinem persönlichen Universum: Zeilen wie „I have cried at my brother’s grave / I have shaken hands with my wife’s surgeon“ zeigen seine Verletzlichkeit und Tiefe. Gleichzeitig sind die Lyrics so kraftvoll, dass man den Respekt vor seiner Ehrlichkeit kaum unterdrücken kann. Dieser Mix aus Zerbrechlichkeit, Wut und poetischer Direktheit zieht sich durch das gesamte Album.
Die Stärken von Play liegen klar in der Vielfalt: sanfte Balladen wie „Camera“ und „The Vow“ bieten Herz und Vertrautheit, während „A Little More“ und „Don’t Look Down“ neue emotionale und rhythmische Facetten aufzeigen. Subtile Jazz- und Soul-Elemente, ein wenig Folktronica à la Bon Iver und psychedelische House-Beats machen das Album abwechslungsreich, ohne dass der rote Faden verloren geht.
Kleine Kritikpunkte gibt es dennoch. Einige experimentelle Tracks, wie „Azizam“ oder der psytrance-artige Beat von „Don’t Look Down“, wirken stellenweise eher dekorativ und harmonieren nicht immer perfekt mit den akustischen Balladen. Auch der Rap-Teil auf „Opening“ ist mutig, aber nicht für jeden sofort zugänglich. Und manche Balladen wiederholen bekannte Muster, die man von Sheeran schon kennt – hier hätte man sich manchmal mehr Überraschung gewünscht.
Doch die Highlights überwiegen klar: Play bietet Momente echter Emotionalität, direkte, ungeschönte Zeilen, die manchmal wütend, manchmal traurig, aber immer authentisch sind. Die globalen Experimente wirken nicht erzwungen, sondern erweitern die bekannte Singer-Songwriter-Welt um frische Farben und Beats. Man entdeckt bei jedem Hören neue Details – Lo-Fi-Klavierlinien, subtile Bläser, harmonische Finessen –, die zeigen, dass Ed trotz kommerziellem Erfolg noch immer ein detailverliebter Musiker ist.
Insgesamt ist Play ein Album, das die Balance zwischen Nostalgie und Neugier hält: Sheeran greift zurück auf das, was ihn groß gemacht hat, wagt aber auch kleine Sprünge in neue Klangwelten. Es ist ein Album, das zum Zuhören, Nachdenken, Mitsingen und Tanzen einlädt – genau wie seine Shows. Wer die letzten Konzerte in Düsseldorf genossen hat, wird verstehen, warum Play mehr als nur ein Album ist; es ist ein weiterer Beleg für die emotionale und musikalische Tiefe eines Künstlers, der nach wie vor Maßstäbe setzt.
Und für alle, die Ed live erleben möchten: Die Show am 03. Dezember in München ist bereits ausverkauft – ein klarer Beweis dafür, dass Sheeran weiterhin einer der populärsten und emotional zugänglichsten Künstler unserer Zeit ist. Play liefert die perfekte Mischung aus Vertrautem, Neuem und Überraschendem – ein Album, das Fans berührt und gleichzeitig aufhorchen lässt.