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Ein Bekenntnis zum Rock ’n‘ Roll auf limitiertem Marmor – Vinyl Laura Cox – Trouble Coming – Albumreview

Laura Cox Trouble Coming Review

Ein Bekenntnis zum Rock ’n‘ Roll auf limitiertem Marmor-Vinyl

Es gibt Momente, in denen Musik nicht nur akustisch, sondern auch visuell zu einem Statement wird. Das neue Album „Trouble Coming“ der französischen Rockmusikerin Laura Cox, in der limitierten Marbled White Vinyl-Version, ist solch ein Moment. Bevor die Nadel überhaupt die Rille berührt, fesselt diese Platte. Die Optik ist schlichtweg grandios: Das leichte, weiß-schwarze Marmor-Muster, das den Vinyl-Rohling durchzieht, verwandelt die Scheibe in ein rotierendes Kunstwerk. Auf dem Plattenteller ist dies ein echter Blickfang.Man wünschte sich beinahe, einen vertikalen Plattenspieler wie den Miniot Wheel 3 zu besitzen – darauf würde diese Platte nicht nur musikalisch, sondern auch visuell als schwebendes Kunstwerk im Raum zur Geltung kommen. Die Haptik und die Ästhetik dieser Vinyl-Version setzen den Ton für ein Hörerlebnis, das tief im analogen, ehrlichen Rock ’n‘ Roll verwurzelt ist.

Laura Cox, die bereits vor über 15 Jahren als YouTuberin mit Gitarren-Videos durchstartete und sich mit Vorgängeralben wie „Head Above Water“ einen Namen machte, meldet sich mit „Trouble Coming“ zurück. Wie Mario Keim über den Vorgänger feststellte, steckt in ihrer Musik „eine Menge gut gemachter Rockmusik, ergänzt durch viele Blueselemente,“ dargeboten mit „gesunder Portion Energie, solidem Handwerk und einer unüberhörbaren Spielfreude.“ „Trouble Coming“ setzt diese Tradition fort, erweitert sie aber um mutige, moderne Elemente.

Die musikalische Evolution: Rock mit neuen Facetten

Aufgenommen in einer Mischung aus Cox‘ Wohnzimmer und dem Studio des Muses, und produziert von ihren Mitmusikern Félix Matschulat und Jean-Marc Pelatan, bietet das Album elf Songs und eine Spielzeit von fast sechsunddreißig Minuten. Die Produktion ist knackig, rau und dennoch klar. Man spürt die Intimität der Aufnahmeorte, was der Musik eine geerdete, ehrliche Note verleiht.

Der wichtigste Aspekt dieses Albums ist die spürbare Weiterentwicklung. Die stürmische Frische der frühen Alben weicht hier einer stärkeren Professionalisierung und Modernität im Songwriting. Laura Cox, die nach eigener Aussage eher ein introvertierter Typ ist, tritt auf Album Nummer vier äußerst extrovertiert und souverän auf. Sie geht nicht vor den Mainstream-Hörern auf die Knie, sondern experimentiert innerhalb ihres Genres, was die Hörer bisweilen herausfordern mag – aber im besten Sinne.

Kapitel I: Der Aufbruch, das Unheil und die Flucht

Die Nadel sinkt und die Reise beginnt mit einem Paukenschlag: „No Need To Try Harder“ ist der Weckruf der Platte. Es ist ein Statement von roher, ungeschminkter Energie. Laura Cox legt mit einem stampfenden Groove los, der sofort mitreißt. Die Slide-Gitarren-Sounds sind klassisch und erdig, ein Powerplay, das klarstellt: Hier wird gerockt. Die rotzige, freche Stimme von Cox ist sofort präsent und zwingt den Hörer, bei der Sache zu bleiben. Es ist der ultimative Opener, der die Tür zum Rock ’n‘ Roll aufstößt.

Direkt im Anschluss führt uns „A Way Home“ tiefer in die klassische Rock-Landschaft. Der Song überzeugt mit einem kernigen Riffing, das die Härte früherer Werke beibehält. Er schickt uns auf den ersten wuchtigen Classic Rock-Ausflug. Man spürt den Groove-Schwerpunkt. Diese Nummer ist ein Hinhörer, ein Beweis für solides Handwerk. Sie lässt mit einem überzeugenden Solo kurz innehalten und dann wieder Fahrt aufnehmen. Es ist die musikalische Manifestation der Entschlossenheit.

Der Titeltrack „Trouble Coming“ fasst die Spannung des gesamten Albums zusammen. Mit einem leichten Swamp-Blues-Touch und atmosphärischer Gestaltung macht der Song Laune. Die Backing Vocals kommen richtig gut an. Die leichte Verzerrung der Stimme durch einen Sequenzer und das Zirpen der Gitarren erzeugen eine psychedelische Note. Sie deutet subtil auf die neue Ära der Künstlerin hin.

Das musikalische Abenteuer steigert sich mit „Inside the Storm“. Dieser Song bricht mit Konventionen. Er sticht durch seinen energiereichen Beat hervor und ist absolut „clubtauglich“. Hier wird die Kollaboration mit den Produzenten Félix Matschulat und Jean-Marc Pelatan am deutlichsten. Die elektronischen Elemente treten stärker hervor. Das verleiht Drive, entfernt sich aber vom klassischen Blues Rock. Es ist der mutige Schritt in die Modernität, der die alten Pfade verlässt.

Kapitel II: Die Konfrontation mit der Wahrheit

Bevor die Reise zu intensiv wird, folgt eine kurze, groovige Atempause mit „What Do You Know?“. Die Parts sind tanzbar, eingängig und weisen auf die erweiterte Klangpalette des Albums hin. Der Song ist sanfter, fließt leichter und signalisiert die neue Offenheit der Künstlerin für poppige Elemente. Es ist eine moderne Note, die den Rock-Sound sanft auffrischt.

Mit „Dancing Around the Truth“ wird diese Ambition weiter vorangetrieben. Dieser Titel verschiebt die Grenzen zum Pop. Er ist ein klares Beispiel dafür, wie Laura Cox sich nicht um Konventionen schert. Sie integriert verschiedene musikalische Sozialisationen.

Die Erzählung taucht tiefer in die Emotionen ein. „Out of the Blue“ ist die wunderschöne Ballade der Platte. Die Rockerin zeigt ihre verletzliche Seite, eingeleitet durch Banjo-Klänge. Diese schaffen eine sinnliche, fast verträumte Atmosphäre. Hier fließt ein Hauch von Country-Flair in den Track ein. Es ist ein hitverdächtiges Stück, das beweist, dass Cox auch die leisen Töne meisterhaft beherrscht.

Kapitel III: Das Zerbrochene, die Stärke und der Ausklang

Die Mitte der Platte wird von einer gesunden Härte bestimmt. „The Broken“ liefert einen Rock’n’Roll-Schuss, der mit einem kurzen, aber knackigen Solo von Cox gekrönt wird. Hier fliegen die Finger förmlich über das Fretboard. Trotz des hohen Klischeeanteils wirkt der Song dank ihrer originellen Stimme frisch und unterhaltsam. Es ist ein Statement, dass man Konventionen nutzen kann, solange man sie mit Souveränität bricht.

Die rohe Stärke kehrt mit „Rise Together“ zurück. Dieser Song mit seinen fetten Riffs demonstriert die ungeschlagene Qualität ihrer Rock-Stimme. Er liefert den erdigsten Blues-Rock-Moment der zweiten Hälfte. Es ist die Rückbesinnung auf die Wurzeln, ein Anker in der stürmischen See der musikalischen Experimente.

Ein weiteres Rockstück folgt mit „Do I Have Your Attention?“. Es überrascht durch einen leichten, punkigen Unterton. Interessanterweise wird hier das Banjo als Instrument aufgeführt. Dieser Song rundet die Entwicklung des Rock-Ansatzes ab.

Das Album schließt mit „Strangers Someday“. Das textlich zweifelnde Stück hat einen experimentellen Charakter. Der anfänglich rockige Touch weicht einem wachsweichen, hypnotisierenden Beat, der aus einem anderen musikalischen Universum zu stammen scheint. Es ist ein mutiger Schlussakkord.

Epilog: Die Wandlung ist vollzogen

Diese musikalische Wandlung markiert den Abschied von der reinen Blues-Rock-Vergangenheit und den Eintritt in eine Ära der völligen Freiheit im Songwriting. Laura Cox hat mit „Trouble Coming“ bewiesen, dass sie souverän und extrovertiert auftritt, ihre Wurzeln ehrt und gleichzeitig einen mutigen Schritt in eine moderne, vielschichtige Rock-Zukunft wagt. Die weiße Marmorplatte auf dem Teller wird so zum Symbol für diesen Wandel: klassische Substanz, neu gemustert und brillant ins Licht gerückt.

Ein gelungener, mutiger Schritt nach vorne

„Trouble Coming“ ist eine tolle Mischung aus Rock, Classic Rock, Blues und Blues Rock, vermengt mit modernen Elementen. Es ist feine Abwechslung und bietet einen hohen Wiedererkennungswert. Die Zusammenarbeit mit dem Electro-Blues-Duo NO MONEY KIDS und die Integration von Drum Programming anstelle eines „echten Drummers“ mag die Blues-Puristen unter den alten Anhängern kurzfristig abschrecken. Dennoch ist dieser Weg, der zu einer Professionalisierung und Modernität führt, als mutiger und gelungener Schritt nach vorne zu werten.

Laura Cox mag die Welt mit ihrer Gitarre nicht aus den Angeln heben – das ist auch nicht nötig. Das Album trägt ihren Namen und ist allein schon dadurch ein Gütesiegel. Es markiert, wie sie selbst sagt, „eine neue Ära in meiner musikalischen Entwicklung – noch immer tief verwurzelt im Rock, der mich geprägt hat, aber getrieben von völliger Freiheit im Songwriting und in der Komposition.“

Die Ästhetik der Marbled White Vinyl-Version unterstreicht die Wertigkeit dieses Werkes. Sie vereint das Analoge und das Moderne in ihrer Erscheinung. Dieses Album ist ein Statement: Es hält die Leute vor den Lautsprechern bei der Sache, bietet rockig-abwechslungsreiche Arrangements und beweist, dass Laura Cox mit 34 Jahren höchst souverän und extrovertiert auftritt. Es ist rundum einfach ein gelungenes Album, das sowohl ihre Wurzeln ehrt als auch ihren Blick mutig nach vorne richtet.

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