Kaum eine Frage spaltet Konzertbesucher so sehr wie diese: Sollten Handys auf Konzerten erlaubt sein – oder verderben sie das Live-Erlebnis? Während die einen jedes besondere Konzertmoment aufzeichnen und teilen wollen, wünschen sich andere nichts sehnlicher, als das Meer aus Displays vor der Bühne endlich verschwinden zu sehen. Zwischen digitaler Erinnerungskultur und purer Live-Magie bewegen sich die Argumente – und beide Seiten haben ihre Punkte.
Pro: Erinnerungen festhalten und teilen
Handys ermöglichen es uns, besondere Augenblicke für die Ewigkeit festzuhalten. Ein Lieblingssong, live performt, gefilmt aus der ersten Reihe? Für viele Fans ist das ein emotionaler Schatz, den man später immer wieder anschauen oder mit Freunden teilen kann.
In Zeiten von Social Media gehört es für viele fast schon dazu, Fotos und Clips auf Instagram, TikTok oder in der Story zu posten – als Teil des Erlebnisses. Vor allem bei seltenen Konzerten, Tourpremieren oder Abschiedsshows wird das Smartphone zum Gedächtnisstütze.
Dazu kommt: Viele Künstler profitieren von der digitalen Reichweite ihrer Fans. Viral gehende Mitschnitte steigern Aufmerksamkeit, sorgen für Buzz und können sogar den Ticketverkauf ankurbeln. Einige Bands oder Acts setzen bewusst auf das Zusammenspiel von Live-Moment und Social Sharing – etwa durch exklusive Momente, die es nur auf Konzerten gibt und die sich viral verbreiten sollen.
Auch für die persönliche Erinnerungskultur haben Handyvideos ihren Wert: Der besondere Moment mit Freunden, der Lieblingssong live, das Gefühl dabei gewesen zu sein – oft werden genau solche Clips Jahre später wieder angesehen und wecken schöne Erinnerungen.
Kontra: Das Live-Erlebnis leidet
Doch so verständlich der Wunsch nach Erinnerungsstücken ist – viele Fans und Künstler erleben die dauernde Handypräsenz als störend.
Da ist zum einen die Atmosphäre: Wer vor der Bühne steht und in ein Meer aus erhobenen Smartphones blickt, fühlt sich oft eher wie auf einem Bildschirm-Event als auf einem Konzert. Viele Konzertbesucher berichten, dass sie sich dadurch abgelenkt oder sogar gestört fühlen. Die Magie des Moments – das kollektive Erleben, die Emotionen – gehen verloren, wenn alle versuchen, den perfekten Shot zu machen.
Auch aus Sicht der Künstler sorgt das für Irritation. Billie Eilish, Jack White oder Alicia Keys gehören zu den bekannten Acts, die Handys bei Konzerten einschränken oder sogar komplett verbieten. Ihre Argumente: Die Fans sollen den Moment genießen und nicht durch den Bildschirm erleben.
Ein weiterer Punkt: Die Qualität der Aufnahmen. Die meisten Handyvideos sind qualitativ mäßig – verwackelt, mit schlechtem Ton – und werden selten wirklich angesehen. Statt den Moment zu leben, wird hektisch gefilmt und anschließend landet das Video irgendwo in der Cloud – vielleicht nie wieder angeschaut.
Und nicht zuletzt gibt es einen Sicherheitsaspekt: Bei ausgelassenen Konzerten, in Pits oder auf Festivals, können Handyschwenker zu Gefahrenquellen werden. Menschen stolpern, werden gestoßen oder behindert, weil jemand das perfekte Selfie machen will.
Zwischen beiden Welten: Gibt es einen Mittelweg?
Es wäre zu einfach, nur Schwarz oder Weiß zu denken. Viele Veranstalter und Künstler suchen deshalb nach Wegen, beide Seiten zu berücksichtigen.
Einige Konzerte arbeiten mit Yondr-Bags – spezielle Taschen, in denen Besucher ihre Handys während des Konzerts verschließen können und die sich nur außerhalb des Saals öffnen lassen. So können die Fans den Moment erleben – und behalten trotzdem ihr Handy bei sich.
Andere Acts bitten um respektvollen Gebrauch: Fotos ja, aber keine Videos während der ganzen Show. Auch Veranstalter setzen manchmal auf klare Ansagen zu Beginn der Shows, die das Bewusstsein der Besucher schärfen sollen.
Und auch bei den Fans selbst wächst das Verständnis: Nicht jeder Moment muss gefilmt werden. Viele begnügen sich mit ein, zwei Fotos und genießen dann die Show – eine Lösung, die beiden Seiten gerecht wird.
Fazit: Die Balance macht den Unterschied
Handys auf Konzerten sind weder per se gut noch schlecht. Sie sind Teil unserer Gegenwart und werden es wohl auch bleiben. Entscheidend ist der Umgang damit.
Wer einige Fotos macht, vielleicht eine kurze Story teilt und dann das Handy wieder in die Tasche steckt, wird den Moment nicht verpassen. Wer hingegen das ganze Konzert durchs Display verfolgt, betrügt sich selbst um das echte Erlebnis.
Künstler und Veranstalter können ihren Teil dazu beitragen, indem sie klare Regeln formulieren und das Publikum sensibilisieren. Fans wiederum können durch Rücksichtnahme und Achtsamkeit dafür sorgen, dass das Live-Gefühl nicht verloren geht.
Am Ende sollte ein Konzert genau das bleiben, was es sein soll: ein gemeinsames, intensives Erlebnis – ob nun mit oder ohne Handy in der Hand.