Der Auftritt von Wolf Alice im Wolf Alice Köln E-Werk am 17. November 2025 war eine triumphale Demonstration der musikalischen Bandbreite dieser britischen Indie-Rock-Größe. Für viele Fans war es eine lange erwartete Premiere. Die Band, die mit allen vier Alben für den renommierten Mercury Prize nominiert wurde, bewies, warum sie zu den aufregendsten Live-Acts des letzten Jahrzehnts gehört. Trotz des Fokus auf das kürzlich erschienene vierte Album „The Clearing“, das stark vom 70er-Jahre-Rock beeinflusst ist, bot das Set eine wunderbare Zeitreise durch alle Schaffensphasen.
Als Support-Act heizte Florence Road das Kölner E-Werk ordentlich an. Die Band lieferte einen soliden Auftritt, der die perfekte Brücke zum Headliner schlug. Ihr Set war geprägt von emotionalem Indie-Rock und einer energiegeladenen Bühnenpräsenz. Das Publikum war schnell aufgewärmt, insbesondere bei Stücken wie „Figure It Out“ und „Heavy“. Die Band bewies mit ihrer Setlist, darunter auch „Storm Warnings“ und „Break the Girl“, dass ihre Mischung aus Melancholie und roher Energie gut ankommt. Mit „Goodnight“ verabschiedeten sich Florence Road und übergaben die Bühne an Wolf Alice.
Die Bühne lag zunächst in dramatischem Dunkel. Begleitet von dichtem Nebel und kontrastreichen Lichteffekten, startete die Band mit „Thorns“, dem Opener von „The Clearing“. Frontfrau Ellie Rowsell betrat die Bühne in einem souveränen Look und lieferte sofort ab. Ihre beeindruckende Bühnenpräsenz passte perfekt zum druckvollen Sound.
Aufgrund der Geburt seines Kindes musste Gitarrist Joff Oddie die Tour aussetzen. Er wurde jedoch nahtlos von John Victor von der Londoner Band Gengahr vertreten. Victor fügte sich perfekt in den Klang der Gruppe ein. Bereits beim ersten Song wurde klar, dass Rowsells Stimme live genauso kraftvoll und variantenreich ist wie auf Platte. Studio-Tricks sind hier überflüssig.
Die neuen Weisheiten des Alterns und die Rückkehr zum Rock
Das Hauptset legte mit drei Songs von „The Clearing“ einen klaren Fokus: „Thorns“, gefolgt von „Bloom Baby Bloom“ und „White Horses“. Das neue Material, das eine konsistentere, reifere Rock-Ästhetik verfolgt, entfaltete live eine faszinierende Tiefe. Im Kontrast dazu griff die Band auf ältere Favoriten zurück. Mit „Formidable Cool“ (aus „Visions of a Life“) und dem melancholischen „Just Two Girls“ sowie „Leaning Against the Wall“ (The Clearing) zeigte die Band ihre Fähigkeit zu dynamischen, genreübergreifenden Wechseln.
Bassist Theo Ellis sorgte mit seinen lockeren Ansagen für Lacher, während Rowsell die Energie zwischen den emotionalen Balladen und den harten Rock-Hymnen perfekt steuerte. Ein intimer Moment entstand bei „Safe From Heartbreak (If You Never Fall in Love)“ und „Safe in the World“ (Blue Weekend). Hier kamen Drummer Joel Amey und Tourkeyboarder Ryan Malcolm nach vorne. Mit Akustikgitarre, Bass und mehrstimmigem Gesang präsentierten sie eine wunderschön reduzierte Version, die die intime Seite der Band hervorhob. Amey übernahm anschließend die Lead-Vocals bei „White Horses“, das live deutlich rockiger arrangiert war als auf dem Album.
Der Punk-Doppelschlag und das Gänsehaut-Finale
Der Höhepunkt des Abends war die unvergessliche Punk-Doppelattacke. Nach dem T.-Rex-artigen Groove von „Bread Butter Tea Sugar“ – einem der besten Songs des neuen Albums – kehrte Rowsell mit einem Megafon zurück. Sie setzte den Megafon-Alarm ein, bevor die Band in den wilden Track „Yuk Foo“ überging. Ohne Atempause folgte direkt der Titel „Play the Greatest Hits“ (Blue Weekend) – ein fantastischer, punkgetriebener Moment, der das Publikum in Bewegung setzte.
Für das emotionalere „No Hard Feelings“ (Blue Weekend) minimierte die Band das Arrangement auf Rowsells Gesang und Ellis’ Bass. Der Hauptteil fand seinen lauten Abschluss mit „Giant Peach“ (My Love Is Cool). Die massive Klangwand erschütterte das Wolf Alice Köln Palladium, während Rowsell spielerisch kurz die Riffs von „Seven Nation Army“ oder „Iron Man“ in den Song einstreute. Das Publikum war in Feierlaune, was durch den Hit „Bros“ noch einmal befeuert wurde.
Der Hauptteil endete schließlich mit „The Sofa“, der wohl besten Single von „The Clearing“.
Der Zugabenblock bot dann das perfekte emotionale Finale: Er startete mit dem Gänsehaut-Klassiker „The Last Man on Earth“. Die Show fand ihren Höhepunkt mit „Don’t Delete the Kisses“, dem vielleicht bekanntesten Song der Band. Das Publikum sang jede Zeile lautstark mit und schuf einen unvergesslichen Moment.
Wolf Alice übertrafen im Wolf Alice Köln Palladium alle hohen Erwartungen und lieferten eine Show, die ihre komplexe musikalische Identität zelebrierte.


















