Wie würde 1992 heute klingen – hätte sich der Sound nie verändert? Paul Kalkbrenner liefert mit seiner neuen Single „Ninety-Two“ eine eindrucksvolle Antwort. Der Track ist keine bloße Retro-Spielerei, sondern ein hypnotisches Gedankenexperiment, das die Essenz der frühen 90er-Rave-Ära in die Gegenwart transportiert. Mit 130 BPM, einem markanten Vocal-Sample und einem pulsierenden Groove gelingt ihm eine Hommage an ein Jahrzehnt, das elektronische Musik für immer verändert hat – und zugleich der perfekte Auftakt für sein kommendes Album „The Essence“.
Schon bei den ersten Live-Shows wurde „Ninety-Two“ zu einem absoluten Fan-Favoriten. Das Vocal-Sample – ursprünglich auf diversen UK-Rave-Compilations der frühen 90er zu hören – ist für Kalkbrenner ein Relikt kollektiver Ekstase. Ein Fragment aus der Vergangenheit, das sich mit neuer Energie auflädt. „Der Track klingt, als hätte sich dieser Sound einfach ohne Unterbrechung bis heute weiterentwickelt“, sagt er selbst. Kein Revival, keine Nostalgie – sondern eine evolutionäre Fortsetzung.
Musikalisch präsentiert sich „Ninety-Two“ reduziert, fast instrumental, und dennoch mitreißend. Die Struktur ist klar, der Aufbau funktional, der Effekt maximal. Was wie eine simple Clubnummer anmutet, entpuppt sich als tief durchdachtes Werk – zwischen Archivarbeit, Samplekunst und Future Rave. Kalkbrenner beweist einmal mehr, dass er keine Kompromisse macht – weder in seiner künstlerischen Vision noch in der Art, wie er elektronische Musik inszeniert.
Dabei ist der Track nicht nur ein Statement für die Tanzfläche, sondern auch ein Türöffner zum neuen Album „The Essence“, das im September erscheinen soll. Es ist Kalkbrenners erstes Album seit dem gefeierten „Parts of Life“ (2018) – und möglicherweise sein persönlichstes. Entstanden ist es in einem sehr eigenen, kreativen Umfeld: einem Studio, das sich irgendwo zwischen Mid-Century-Modern-Ästhetik, 70er-Jahre-Luxus und Rave-Relikt bewegt. Mit echten Wolfram-Birnen, Vintage-Fernsehern, Zimmerpalmen, Stein und Fell. „Ich hatte eigentlich mit dem Albummachen abgeschlossen“, sagt Kalkbrenner. „Aber dann habe ich gemerkt, wie schön es ist, wieder einen größeren Zusammenhang zu haben.“
Der Titel des Albums – „The Essence“ – klingt zwar nach Reduktion, meint aber das Gegenteil: das Essentielle im Sinne des Ausdrucks, der Vollständigkeit, der Authentizität. „Ich empfinde es als mein bestes Album“, so Kalkbrenner weiter. „Auf den anderen sind vielleicht bekanntere Hits – aber immer auch zwei oder drei Filler. Hier ist kein Filler drauf. Nicht mal ein Filler-Moment.“
Der Berliner Ausnahmekünstler kann auf eine Karriere zurückblicken, wie sie in der elektronischen Musik kaum ein Zweiter erlebt hat. Von den illegalen Raves der 90er über den Kultfilm „Berlin Calling“ bis hin zu weltweiten Festival-Headlines hat er sich stets treu geblieben – und dabei Grenzen verschoben. Ob beim Mauerfall-Jubiläum vor 400.000 Menschen oder beim Tomorrowland-Festival: Kalkbrenners Live-Shows sind legendär. Kein DJ-Set, sondern ein echtes Musikerlebnis. Kein Kalkül, sondern künstlerische Konsequenz.
„Ninety-Two“ ist damit nicht nur ein Track für nostalgische Raver – sondern für alle, die elektronische Musik in ihrer reinsten, rohesten und zukunftsgewandten Form lieben. Es ist ein Stück Clubgeschichte, geschrieben mit Blick nach vorn.
Das neue Kapitel beginnt.