Ein persönlicher Konzertbericht vom 13. Juni 2025, Carlswerk Viktoria, Köln
An einem sonnigen Abend am 13. Juni 2025 machte ich mich auf den Weg zum Carlswerk Viktoria in Köln. Ich hatte keine Ahnung, was mich bei dem Konzert von Nessa Barrett erwarten würde. Kein Fan-Shirt, keine Vorfreude-Playlist, kein übertriebener Hype – ich ließ mich einfach treiben, offen, neugierig und ganz ohne Erwartungen. Die Überraschung dieses Abends schlich sich langsam, fast still heran – und erwischte mich dann mit voller Wucht.
Als ich die Halle betrat, spürte ich sofort die vibrierende Spannung im Raum. Junge Stimmen, aufgeregtes Lachen, liebevoll gebastelte Schilder und glänzende Augen – dieses Publikum lebte und atmete Musik. Und dann wurde es dunkel. Ein Raunen, ein Lichtblitz – und plötzlich stand Sombr auf der Bühne.
Ich kannte seinen Namen, hatte vielleicht zwei, drei Songs mal nebenbei gehört – aber was dann passierte, ließ mich sprachlos zurück. Schon mit den ersten Tönen spürte ich: Das hier wird mehr als ein Support-Act, das wird eine Entdeckung. Sombr und seine Band wurden mit tosendem Applaus empfangen, und vom ersten Moment an war klar: Diese Musik trifft mitten ins Herz.
Sein Set war eine emotionale Reise – voll von tiefgründigen Texten, melancholischer Schönheit und einer Stimme, die sich wie warme Dunkelheit anfühlt. Besonders bewegend: die unveröffentlichte Single „I wish I knew how to quit you“, ein Song, der so viel Sehnsucht transportierte, dass man fast die Luft anhalten musste. Überhaupt liegt über allem etwas Nostalgisches – eine Stimmung, wie sie nur wenige Künstler erzeugen können. Ich dachte an frühe Twenty One Pilots, an Hozier – aber Sombr war trotzdem ganz er selbst.
Und das Publikum? Es lebte jeden Ton. Kleine Freundesgruppen lagen sich in den Armen, sangen jede Zeile mit, als wären diese Songs ihr eigenes Tagebuch. Bei ruhigeren Stücken wie „do I ever cross your mind“ und „I don’t know you anymore“ wurde es ganz still, man konnte fast hören, wie Herzen schneller schlugen. Und dann wieder diese explosionsartige Euphorie bei „undressed“ und „Caroline“ – Gänsehaut pur.
Was mich besonders berührt hat: Sombr war nicht nur Musiker, sondern Gastgeber. Er gab seiner Band Raum, interagierte mit dem Publikum, las Plakate laut vor, stieg bis an die Absperrung herunter, als wollte er jedem Einzelnen danken. Und dann dieser Abschluss – ein gewaltiger Sprung vom hinteren Bühnenbereich, ein gemeinsamer Fall mit dem Gitarristen zu Boden während der letzten Akkorde von „back to friends“. Es war roh, ehrlich, intensiv. Ich war bewegt.
Doch der Abend war noch lange nicht vorbei.
Nessa Barrett betrat die Bühne in einem schwarz-weissen Outfit, die violette Bassgitarre in der Hand – und mit einer Präsenz, die man nicht ignorieren konnte. Schon mit dem ersten Song, „Dirty Little Secret“, machte sie klar: Das hier ist ihre Bühne, ihr Moment.
Vor zwei Jahren stand sie noch in kleinen Clubs, jetzt zwei ausverkaufte Shows in London, und heute Köln – und ich spürte sofort, warum. Sie ist gewachsen. Als Künstlerin, als Mensch. Ihre Stimme war stark, klar, verletzlich – eine Mischung, die einen mitten ins Herz trifft.
Ihre Setlist war eine kluge Mischung aus neuen Tracks vom aktuellen Album „Aftercare“ und alten Fan-Favoriten. Um mich herum tanzten, lachten und weinten Menschen. Einige trugen Nessa-inspirierte Outfits, andere hielten sich einfach nur an den Händen und sangen Zeilen mit, die offensichtlich ihre eigene Geschichte erzählen.
Besonders berührend war ihre Version von „Glory Box“ – dieser Portishead-Klassiker passte zu ihr wie maßgeschneidert. Ihre Stimme schwebte förmlich über dem Publikum, während die Visuals hinter ihr zwischen Farben und Welten wechselten. Der Sound? Glasklar. Die Drums wummerten, die Bässe vibrierten, und alles zusammen ergab dieses ganz bestimmte Gefühl, wenn man weiß: Jetzt passiert gerade etwas Besonderes.
Am Ende kam sie noch einmal zurück – unter tosendem Jubel, für eine dreiteilige Zugabe. „the one that should have got away“, „die first“, „PRNSTAR“* – ein Bogen über ihre bisherige Karriere, ein Geschenk an ihre Fans. Ich war längst kein unbeteiligter Zuschauer mehr, sondern mittendrin.
Ich kam an diesem Abend ohne große Erwartungen. Ich ging mit einem Herzen voller Musik, berührt, inspiriert, überrascht. Und vielleicht sogar ein kleines bisschen verliebt – in einen Abend, zwei Artists und die magische Kraft von ehrlicher, echter Musik.