Foreigner Live London: Musik, die Erinnerungen weckt
Musik kann mehr sein als nur Melodien – sie kann ein Zeitfenster öffnen, das uns direkt in unsere Jugend zurückversetzt. Genau das passierte mir, als ich als zwölfjähriger Jan im Jahr 1984 in Polen zum ersten Mal auf Foreigner traf – genauer gesagt auf den Hit I Want to Know What Love Is. Jeden Samstag lauschten wir gebannt der polnischen Chartsendung, und plötzlich war da diese Hymne, die alles veränderte. In einer Zeit, in der westliche Musik Freiheit und Sehnsucht verkörperte, wurde dieser Song sofort zum Soundtrack meiner Jugend, untrennbar verbunden mit ersten Lieben, ungestümer Energie und unerschütterlichen Teenager-Träumen. Später, 1987, entdeckte ich dann das erste Album Inside Information – doch die Saat war längst gelegt. Und jetzt, Jahrzehnte später, erscheint mit All Engines On – Live in London die physische Aufnahme eines Konzerts, das die Band in ihrer vollen Live-Power zeigt.

Der 2010er-Mitschnitt jetzt physisch erhältlich
Foreigner prägt seit fast fünf Jahrzehnten den Rock mit unverwechselbaren Melodien, die AOR (Adult-Oriented Rock) neu definieren. Ihre Blütezeit lag Ende der Siebziger bis Achtziger, doch dieser Live-Mitschnitt beweist, dass ihre Energie bis heute zeitlos ist. All Engines On wurde beim legendären iTunes Festival 2010 im Camden Roundhouse in London aufgenommen und war bisher nur digital erhältlich. Ab dem 17. Oktober 2025 gibt es die Aufnahme als CD Digipak und als 2LP Gatefold Vinyl Edition über earMUSIC. Frisch remastert, bringt die Veröffentlichung die explosive Kraft des Konzerts mit beeindruckender Klarheit und Dynamik direkt nach Hause.
Als ich das erste Mal den Mitschnitt All Engines On – Live in London hörte, wurde mir klar, wie sehr Foreigner ihre Klassiker im Jahr 2010 mit neuer Power interpretierten. Die Setlist aus dem intimen Camden Roundhouse ist ein kompaktes, hochenergetisches Best-of, das die rockigeren, riff-getriebenen Hits der Band in den Mittelpunkt stellt. Mick Jones’ unverkennbare Gitarrenarbeit und Kelly Hansens dynamischer Gesang schaffen sofort die einzigartige „All Engines On“-Atmosphäre.
Double Vision startet das Konzert mit voller Wucht. Das kraftvolle Riffing von Mick Jones gepaart mit Hansens klaren Höhen beweist, dass die Band in Topform ist. Die Live-Version ist bemerkenswert präzise, besonders die schnellen Gitarrenparts kommen dank des Remasterings brillant zur Geltung.
Cold As Ice ist einer der frühesten Foreigner-Hits und lebt von melancholischen Melodien und aggressiven Klavier-Riffs. Live wirkt das Stück härter und roher. Hansen bringt die dramatischen Strophen perfekt rüber, während Bassist Jeff Pilson und Drummer Jason Sutter das Stück stabil tragen.
When It Comes To Love zeigt, dass Foreigner auch in der Hansen-Ära AOR-Hits schreiben konnte. Der Song fügt sich nahtlos in die Setlist ein, bringt melodische Frische und rhythmische Dynamik zwischen den Klassikern der Band.
Mit Dirty White Boy zeigt die Band ihre rockige Seite: roh, dreckig und voller Groove. Mick Jones und Tom Gimbel liefern schwere Riffs, Hansen haucht dem Song die perfekte Rock-Attitüde ein
That Was Yesterday ist eine emotionale Power-Ballade. Die Band bewahrt die Melancholie des Originals, ohne überproduziert zu wirken. Bluesteins Keyboard und Hansens gefühlvolle Stimme tragen die Ballade auf beeindruckende Weise.
Starrider ist ein seltener Leckerbissen. Mick Jones selbst übernimmt den Lead-Gesang, wodurch der Song eine authentische, rauchige Textur bekommt. Zwischendurch entwickelt sich ein beinahe progressiver Jam, der zeigt, dass Foreigner mehr als eine Hitmaschine ist.
Mit Feels Like The First Time startet die Band hymnisch in die Show. Hansen liefert eine energiegeladene Gesangsperformance, die den Nerv der Fans genau trifft, während die Instrumente perfekt ineinandergreifen.
Urgent zeigt die Funk- und Synthie-Seite der Band. Tom Gimbels Saxofon-Solo und das treibende Tempo machen die Live-Version zu einem Highlight. Die Performance wirkt härter als die Studioaufnahme und fängt die rohe Energie des Camden Roundhouse ein.
Der emotionale Höhepunkt ist I Want To Know What Love Is . Die Ballade lebt vom Gospel-Chor-Effekt des Publikums und von Hansens intensiver Stimme. Die Live-Version wirkt weniger poliert, aber genau das macht sie unglaublich intim und authentisch. Obwohl ich diesen Song nie live erleben und ihn in der damaligen Besetzung nie hören werde, bekam ich bei den ersten Tönen trotzdem sofort Gänsehaut. Unglaublich – nach über 40 Jahren gehört er immer noch zu meinen liebsten Rock-Balladen.
Abgeschlossen wird das Konzert mit Hot Blooded . Ein kraftvolles Finale, bei dem die Band das Camden Roundhouse noch einmal mit voller Rockenergie ausfüllt. Tempo, Refrain-Rufe und die geballte Performance machen klar: Foreigner haben das Publikum mit einem Feuerwerk verabschiedet.
Insgesamt zeigt All Engines On – Live in London, dass Foreigner auch mit veränderter Besetzung die Klassiker frisch, energiegeladen und emotional packend präsentieren können. Die Live-Performance fängt die ganze Bandbreite der Rock-Band ein – von rohen Hard-Rock-Riffs bis zu gefühlvollen Power-Balladen – und macht den Mitschnitt zu einem unverzichtbaren Erlebnis für Fans aller Generationen.
Camden Roundhouse: Intimität trifft Rock-Power
Das Camden Roundhouse bietet eine einzigartige Atmosphäre, in der große Bands zurück zu ihren Wurzeln finden. Kritiker lobten die Show als energiegeladen und unverschämt rockig. Foreigner teilten sich die Bühne mit Europe, doch sie stachen durch ihre ungebrochene Bühnenpräsenz heraus. Die Besetzung 2010 – Mick Jones (Lead & Rhythm Guitars), Kelly Hansen (Lead Vocals), Jeff Pilson (Bass), Tom Gimbel (Guitars, Sax, Flute), Michael Bluestein (Keys) und Jason Sutter (Drums) – spielte in Höchstform. Besonders Kelly Hansen meisterte die Herausforderung, in Lou Gramms Fußstapfen zu treten, mit beeindruckender Kraft und Leidenschaft.
Zehn energiegeladene Darbietungen, die sowohl Nostalgie als auch rohe Live-Power vermitteln. Besonders Urgent wirkt rauer und härter als auf älteren Aufnahmen, während I Want To Know What Love Is emotional den Kreis zu meiner eigenen Jugend schließt.
Fazit: Mehr als nur ein Live-Album
All Engines On – Live in London ist nicht einfach nur ein Live-Mitschnitt. Es ist ein persönlicher Blick zurück auf die eigenen Jugendträume, verpackt in kraftvollen Rock, brillante Instrumentierung und Live-Dynamik. Foreigner zeigen, dass auch mit geänderter Besetzung ihre Musik relevant und lebendig bleibt. Für Fans und Sammler ist es ein Muss – ein energiegeladener Ritt durch Erinnerungen, Nostalgie und zeitlosen Rock.