John Butler hat mit PRISM ein Album veröffentlicht, das für mich mehr ist als nur Musik – es ist eine Reise durch seine Welt, seine Erfahrungen und seine Emotionen. Nach über drei Jahrzehnten im Musikgeschäft bleibt Butler ein Künstler, der sich weigert, den vorgezeichneten Pfaden der Industrie zu folgen. Und genau das spürt man auf jedem einzelnen Track: Authentizität, Mut und eine unglaubliche Leidenschaft für das, was er tut.
PRISM markiert das Ende des John Butler Trios und den Beginn von Butlers Solo-Ära. Dass er diesen Schritt wählt, ist mutig, aber nachvollziehbar: Der Name „Trio“ spiegelt längst nicht mehr die musikalische Realität wider, und Butler nutzt diese Chance, um zu seinen Wurzeln zurückzukehren – zu dem Künstler, der einst als Straßenmusiker durch Perth zog und jeden einzelnen Song mit Herzblut spielte. Das Album ist dabei zugleich eine Rückkehr zu seinem charakteristischen, groove-lastigen Sound, der kraftvolle Gitarren, Percussion und epische Refrains miteinander verbindet, und eine Weiterentwicklung, die Butler auf neue Ebenen seiner kreativen Ausdruckskraft hebt.
Was sofort auffällt, ist die musikalische Vielfalt. Von energetischen, festivaltauglichen Songs wie Doing Just Fine und Gets No Better, die mit stampfenden Rhythmen und epischen Refrains beeindrucken, bis zu gefühlvollen Balladen wie Trippin’ On You und King of California, die intime Geschichten von Liebe, Verlust und Selbstreflexion erzählen. Es ist diese Mischung aus Euphorie und Nachdenklichkeit, die PRISM zu einem so spannenden Hörerlebnis macht. Ich habe das Gefühl, John Butler öffnet mir ein Stück weit sein Innerstes, ohne dabei aufdringlich zu wirken – man spürt die Ehrlichkeit in jeder Note, jedem Akkord, jeder Textzeile.

Besonders beeindruckend finde ich, wie Butler seine persönlichen Erfahrungen in die Musik einfließen lässt. Der Verlust seines Vaters und Schwiegervaters, nur 40 Stunden auseinander, inspiriert den langen, elektro-akustischen Track Let Yourself Go. Diese Katharsis ist roh, emotional und gleichzeitig befreiend. Hier zeigt Butler nicht nur seine musikalische Vielseitigkeit, sondern auch seine Fähigkeit, Schmerz und Trauer in Kunst zu verwandeln, die berührt und gleichzeitig erhebt.
Die Zusammenarbeit mit James Ireland bringt eine neue Dimension ins Spiel. Die Produktion ist dicht, die Texturen vielschichtig, die Instrumentierung innovativ – Butler und Ireland haben es geschafft, das Album kraftvoll, aber gleichzeitig intim wirken zu lassen. Besonders die Gitarrenarbeit, die Percussion und die harmonischen Refrains lassen Songs wie The Way Back fast wie ein episches Meisterwerk erscheinen, das gleichzeitig vertraut und frisch klingt. Ich habe beim Hören oft das Gefühl, direkt neben ihm zu stehen, jeden Schlag, jeden Akkord live mitzuerleben.
Doch PRISM ist nicht nur ein musikalisches Statement, sondern auch ein politisches und gesellschaftliches. Butler bleibt ein engagierter Künstler, der seine Meinung nicht scheut. In Songs wie Outta My Head und dem abschließenden Wings To Fly finden sich Anspielungen auf Fake News, radikale Einstellungen und gesellschaftliche Wahnsinnigkeiten, die uns in der heutigen Zeit alle betreffen. Gerade diese Texte zeigen, dass Butler nicht nur Musiker, sondern auch Beobachter und Kommentator unserer Welt ist – ohne jemals belehrend zu wirken.
Besonders schön ist, wie Butler sein Privatleben einbezieht. Seine Frau Danielle Caruana, bekannt als Mama Kin, ist die Muse hinter einigen der schönsten Songs des Albums. Trippin’ On You erzählt eine intime Liebesgeschichte, während King of California die Realität von Liebe und Partnerschaft über Jahrzehnte hinweg reflektiert. „We thought we were wiser than our Mum and Dads / Turns out we’re just the same — shitty compromisers“ – diese Zeilen wirken gleichzeitig ehrlich, humorvoll und berührend. Butler schafft es, dass man beim Hören fühlt, was er fühlt, ohne dass es kitschig wird.
Für mich ist PRISM ein Album, das sowohl neue Hörer als auch langjährige Fans begeistert. Die Songs sind mal kraftvoll, mal nachdenklich, aber immer echt. Es ist Butler gelungen, die Energie seiner Straßenmusiker-Tage zu bewahren und gleichzeitig neue Horizonte zu erkunden – musikalisch, emotional und inhaltlich. Ich finde es beeindruckend, wie er den Spagat zwischen persönlicher Offenheit und gesellschaftlicher Relevanz meistert, ohne dass das Album überladen oder unübersichtlich wirkt.
Kurz gesagt: PRISM ist kein Album, das man einfach nebenbei hört. Es fordert Aufmerksamkeit, lädt ein, sich auf Butler einzulassen, seine Musik zu fühlen, die Geschichten hinter den Songs zu entdecken und sich mit seinen Gedanken und Emotionen auseinanderzusetzen. Für mich ist es ein starkes, ehrliches und kraftvolles Werk, das die Solo-Zukunft eines Künstlers markiert, der nie aufgehört hat, seinen eigenen Weg zu gehen – und dabei immer wieder zeigt, wie großartig Musik sein kann, wenn sie aus Herz, Mut und Leidenschaft entsteht.