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Night Tapes – portals//polarities: Zwischen Soundtrack und Tagebuch

Mit ihrem Debütalbum portals//polarities öffnen Night Tapes ein Klangportal, das weit über gängige Genregrenzen hinausgeht. Die Band aus Estland, seit Jahren Teil der Londoner Underground-Szene, legt mit dem am 26. September 2025 erscheinenden Werk ein ebenso vielschichtiges wie persönliches Debüt vor – ein Album, das nicht nur gehört, sondern erlebt werden will.

Was Night Tapes hier präsentieren, ist mehr als Musik: Es ist ein akustisches Tagebuch, das zwischen London, Tallinn, Mexiko und Los Angeles entstanden ist. In Hotelzimmern, Wohnzimmern, auf Dächern und Straßen haben sie Field Recordings eingefangen, die ihren Songs eine intime, fast dokumentarische Note verleihen. Vogelstimmen, das Rauschen von Helikoptern, knarzende Türen oder sumpfige Naturklänge – all das verschmilzt mit filigranen Synthesizern, Shoegaze-Gitarren und melancholischen Lo-Fi-Pop-Momenten.

Der Albumtitel portals//polarities ist dabei Programm: Die Songs öffnen klangliche Portale, die Hörer:innen in unterschiedlichste Stimmungen und akustische Räume ziehen. Gleichzeitig lebt das Album von Polaritäten – zwischen Nähe und Distanz, analog und digital, Perfektion und menschlicher Unschärfe.

Gleich der erste Track „enter“ setzt den Ton: ein sphärisches Intro, das die Tür zu einer Welt öffnet, in der Sounds aus dem Alltag sich nahtlos mit elektronischen Texturen verweben. „television“ spielt mit verfremdeten Stimmen und Trip-Hop-Beats, während „swordsman“ mit schwerelosen Melodien zwischen Synthpop und Ambient schwebt.

Besonders eindrucksvoll: „lemon tree midnight“, ein Song, der klingt wie eine nächtliche Autofahrt durch eine fremde Stadt – flirrend, melancholisch und voller unerklärlicher Sehnsucht. Ebenso fesselt „babygirl (like n01 else)“ mit seiner Mischung aus introspektiver Elektronik und leichtfüßigem Pop-Appeal.

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Mit „pacifico“ und „tokyo sway“ taucht das Album in cineastische Klanglandschaften ab, die an frühe Trip-Hop-Produktionen erinnern, während „masterplan“ und „helix“ die experimentelleren, fast ambientartigen Seiten von Night Tapes zeigen.

Die zweite Albumhälfte bleibt dieser Idee treu: „patience“ besticht durch seine fragile Schönheit, „leave it all behind, Mike“ überrascht mit beinahe hymnischen Synth-Linien und „storm“ bringt eine düstere, fast droneartige Atmosphäre ins Spiel. Den Abschluss bildet „wayfarer“ – ein Song wie ein letzter Blick zurück, bittersüß und getragen von der Frage, was bleibt, wenn man alles hinter sich lässt.

Night Tapes gelingt mit portals//polarities ein Kunststück: ein Debütalbum, das sich gleichzeitig global und intim anfühlt. Es ist Soundtrack und Tagebuch, Momentaufnahme und Reisebericht – ein Werk, das sich jedem schnellen Konsum verweigert und seine ganze Magie erst nach und nach entfaltet.

Für Fans von Crumb, Men I Trust oder Still Woozy, aber auch für alle, die auf der Suche nach authentischem, genreübergreifendem Sound sind, dürfte dieses Album ein echtes Highlight sein.

Mit portals//polarities betreten Night Tapes nicht nur die große Bühne der internationalen Musikszene, sondern schaffen auch ein Album, das seine Zuhörer:innen mit auf eine Reise nimmt – durch Städte, Gefühle und Klänge, die man so schnell nicht mehr vergisst.

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