Anja Plaschg alias Soap&Skin hat mit TORSO ein Album geschaffen, das wie eine Sammlung von Schattenbildern wirkt – eine Werkschau hinter Masken, die nicht verschleiert, sondern offenlegt. Schon das Cover deutet diese Doppelbödigkeit an: ein steinerner Torso, in dem sich ein Gesicht wölbt, schimmernd wie Perlmutt. Es ist ihr eigenes. Eine Metapher für das, was Soap&Skin seit Jahren ausmacht: das Aufbrechen von Oberflächen, das Ergründen von Tiefe.
Covers gehören schon immer zu ihrem künstlerischen Repertoire. Sie sind für Plaschg kein bloßes Zitat, sondern eine Art Verwandlung. „Es fühlt sich gut an, auch einmal von mir selbst wegzukommen“, sagt sie. Und tatsächlich: Wenn Soap&Skin einen Song interpretiert, wird er nicht nachgesungen, sondern metamorphosiert. Aus Radiopop wie „Voyage, Voyage“ von Desireless wird eine brunnentiefe Meditation über Leben und Vergänglichkeit. Aus Sufjan Stevens’ „Mystery of Love“ entsteht ein kammermusikalisches Geflecht aus Waldhorn und Posaune, durch das ihre Stimme wie ein Fangnetz zieht.
Auf TORSO versammelt Plaschg nun erstmals ihre Coverarbeiten in einer kuratierten Form. Stücke, die in den vergangenen Jahren entstanden sind, oft im Kontext von besonderen Aufführungen oder Kollaborationen. So auch Cat Powers „Maybe Not“, das sie bei einer Benefizmatinee im Wiener Burgtheater zum russischen Angriffskrieg aufführte. Oder „Girl Loves Me“, jenes geheimnisvoll fragmentierte Bowie-Stück aus Blackstar, das Plaschg schon 2018 gemeinsam mit Anna Calvi und Laeticia Sadier live interpretierte.
Auch Klassiker wie „The End“ von The Doors oder Shirley Basseys „Born To Lose“ tauchen in neuem Gewand auf – nicht nostalgisch, sondern transformiert. Bei Soap&Skin geht es nie um bloße Hommage. Ihre Aufnahmen sind immer auch Distanznahme, Perspektivverschiebung: weg vom Ich, hin zum Wir, das sich in den Songs spiegelt. Besonders deutlich wird dies in ihrer Version von Tom Waits’ „Johnsburg, Illinois“, die sie David Coulters singender Säge anvertraute. Ein Liebeslied, das sie selbst mit dem Gedanken an ihre Tochter verbindet – und das sie von der rauen Männlichkeit des Originals befreit.
Die radikalste Umwandlung erfährt „Gods & Monsters“ von Lana Del Rey. Wo im Original Verführung, Fame und Rausch locken, entlarvt Soap&Skin die dunkle Kehrseite dieser Sehnsucht. Gemeinsam mit dem Wiener Elektromusiker Asfast verwandelt sie den Song in einen umgestülpten Slow-Core-Banger – ein Stück, das nicht mehr dem Mythos verfällt, sondern ihm widerspricht.
Mit TORSO hat Soap&Skin ein vielschichtiges Album vorgelegt, das weniger retrospektiv als vielmehr verdichtend wirkt. Es zeigt, wie sie fremdes Material so tief durchdringt, dass es ihr eigenes wird – und doch seine ursprüngliche Essenz nicht verliert. Es ist eine Einladung, bekannte Songs noch einmal ganz neu zu hören, gefiltert durch Plaschgs einzigartige Klangwelt.
Im Herbst bringt sie diese Wandlungen live auf die Bühne:
- 17. Oktober 2025 – Köln, Theater am Tanzbrunnen
- 19. Oktober 2025 – München, WERK7 Theater
- 21. Oktober 2025 – Leipzig, Peterskirche
Soap&Skin live zu erleben, bedeutet, in eine Welt einzutreten, in der Masken nicht verstecken, sondern Offenheit schaffen. TORSO ist ein klingender Beweis dafür.